Interview mit Pater Gimbler

 

 

 

 

 

Pater Gimbler wurde 1950 in Ettlingen bei Karlsruhe als ältestes von fünf Kindern geboren. Bereits mit 13 Jahren betätigte er sich in der Jugendarbeit bis zu seinem Abitur. In diesem Zusammenhang hat er Jesuiten kennen gelernt, so dass er sich nach dem Abitur zu einem Noviziat bei der Societas Jesu entschied. Nach zwei Jahren der Prüfung entschloss er sich weiterzumachen und begann mit dem Philosophiestudium in München. Danach absolvierte er eine zweijährige praktische Tätigkeit an der Jesuitenschule in St. Blasien. Danach nahm er das Theologiestudium in Frankfurt auf und wurde schließlich 1979 zum Priester geweiht. Nach einem Aufbaustudium in Paris, kam er als Internatsleiter nach Nürnberg, wo er acht Jahre blieb. Danach wurde er ans Peter-Faber-Kolleg gesandt, wo er seinen dritten Bildungsabschnitt, das Tertiat, absolvierte. Anschließend ging er als Internatsleiter nach St. Blasien, wo er 17 Jahre verbrachte. Die nächste Station wurde Berlin, St. Canisius, seine erste Pfarreistelle. Hier arbeitete Pater Gimbler elf Jahre. Danach wechselte er ans Peter-Faber-Haus. Zusätzlich ist er als Priester in der Gemeinde Mariä Himmelfahrt tätig und führt regelmäßig Exerzitien durch. 

Warum haben Sie sich für den Jesuitenorden entschieden?  

Die Jugendarbeit, in der ich mich engagiert hatte, war pfarreiübergreifend und von jeher ein Aufgabenfeld der Jesuiten. Über diese Jugendarbeit bin ich damals in Kontakt mit Jesuiten gekommen. Es gab Besinnungstage über Ostern. Dabei ist mir der Gedanke gekommen, ein Leben in der Gemeinschaft mit Jesuiten als Jesuit zu wählen. 

Sie bieten selbst Exerzitien an. Wie laufen diese ab?  

Der Sinn der Exerzitien, wie Ignatius sie versteht, ist nicht einfach Meditation, Kontemplation, wie sie in vielen Formen angeboten wird , sondern es geht  schon um eine bestimmte Ausrichtung, in der die Gestalt Jesu und seine Frohe Botschaft, die Texte der Bibel insgesamt, mich herausfordern und anrühren sollen. Es ist ein Prozess, Gott zu entdecken, sein Leben zu ordnen. Was ist wichtig, was unwichtig? Ignatius nennt das die Unterscheidung der Geister. Welcher Geist führt mich weiter? Welcher Geist blockiert mich? Was ist eher ein Ungeist, der mich lähmt? Der Gedanke, der im Hintergrund steht, ist, Gott in allen Dingen zu finden. Wachwerden für die Welt, für die Wirklichkeit, und Gott darin finden. Was ist meine Geschichte mit Gott? Das Ziel der Exerzitien wäre, dass ich selber entdecke, wohin mein Leben gehen kann. 

Haben Sie Vorbilder, die Sie in Ihrem Leben beeindruckt haben?  

In der Jugendarbeit waren es die Jugendleiter. Später gab es auch ein oder zwei Jesuiten, die bei bestimmten Unternehmungen dabei waren, z. B. bei Zeltlagern, bei Wanderungen oder beim Bauorden in Frankreich. Sie haben halt mitgelebt. Das hat mich schon fasziniert. Es gibt auch einige Heiligengestalten wie Teresa von Avila, Franz von Assisi und Ignatius mit seiner Lebensgeschichte. Und im Moment freut es mich, dass Franziskus Papst ist und zu sehen, wie es ihm gelingt, die Kirche in der Welt überzeugend darzustellen mit der Betonung auf Armut und Offenheit. 

Wo haben Sie sich am wohlsten gefühlt?  

Wenn ich eine Arbeit nicht gerne mache, kann ich sie nicht lange machen. Ich war 17 Jahre in St. Blasien. Viele haben höchstens sechs Jahre dort gearbeitet. In St. Canisius war ich 11 Jahre. Als es dann hieß, Du kannst dich um unsere älteren Mitbrüder kümmern, weiß ich noch genau, dass ich mich gefragt habe: „Magst du diese Mitbrüder?“ Weil, wenn du sie nicht magst, dann mach das nicht. Denn dann wird es zu anstrengend. Alles hat seine Zeit. Ich wollte jetzt nicht mehr nach St. Blasien zurück. Oder in die Pfarrei St. Canisius, ich liebe diese Kirche, diesen modernen Bau. Da habe ich mich sehr zu Hause gefühlt. Aber jetzt genieße ich die Arbeit hier, die Natur, und Zeit zu haben für handwerkliche Sachen. 

Eigentlich sind Sie ja im Ruhestand. Wie sieht bei Ihnen eine Woche aus?  

Die Gemeinde Mariä Himmelfahrt ist schon sehr prägend, die Gottesdienste, Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten, eben haben wir Erstkommunion gefeiert. Es gibt viel vorzubereiten, zu überlegen, wie man es macht. Ich habe einen Zugang, glaube ich, zu Menschen, die einfach auch auf der Suche sind nach einem Weg, mit dem Leben zurechtzukommen. Deshalb gibt es viele Gespräche. Ich lebe in Beziehungen und Begegnungen. Ein zweiter Teil ist natürlich dann hier im Haus, auch die gesamte Organisation und Instandhaltung. Das Haus muss erhalten bleiben. Es gibt Gespräche mit Architekten zu irgendwelchen Baumaßnahmen. Ich höre auch sehr gerne Musik und lese viel. 

Haben Sie daran gedacht, Berlin nach Ihrer Pensionierung wieder zu verlassen und vielleicht ins Badische zurückzukehren?  

Das muss nicht das Badische sein. Vom Orden her haben wir uns ja von konkreten Orten losgesagt. Wir haben eine ganz andere Denkweise, nicht so ortsbezogen, sondern: Wo werde ich gebraucht? Insofern ist meine Heimat immer da, wo Menschen sind, mit denen ich das Leben teile. Ignatius hat einmal gesagt: "Was gehört zum Jesuit sein? Jesuit sein heißt, bereit sein, verschiedene Orte der Welt zu durchwandern." Eigentlich müssten wir einen Wohnwagen haben (lacht). 

Gibt es Anekdoten, an die Sie sich gerne erinnern?  

Meine Oma hat mir mal gesagt, das war kurz vor meiner Priesterweihe: „Du, Joachim, ich muss Dir was sagen. Ja, und Du musst wissen, ich habe immer darum gebetet, dass vielleicht jemand von meinen Kindern einmal Priester werden könnte.“ Das war so ein Wunsch, darum hat sie gebetet. Und dann hat sie gesagt: „Ich möchte nur, dass Du das weißt. Weil, wenn das nichts ist für Dich, dann hör ruhig auf und mach nicht weiter. Bei mir ist ja niemand, keines von meinen Kindern, Priester geworden. Und jetzt bist Du da. Ja, ich freue mich sehr darüber. Aber bitte überleg es gut, ob das das Richtige für Dich ist.“ Ich fand das eine solche Freiheit, die die Oma da gezeigt hat. Die hat mich sehr bewegt. 

Was gefällt ihnen an der Gemeinde Mariä Himmelfahrt?  

Was ich liebe, ist die Kirche, das Zelt Gottes über seinen Menschen. Man sitzt wirklich so, dass man sich sieht und das bringt (so) ein gutes Gemeinschaftsgefühl mit sich. Und ich glaube auch, dass dies die Gemeinde ein Stück prägt, dass Leute, die dorthin kommen, auch wirklich sagen: „Ja, es ist unsere Kirche und da gehen wir auch hin und wir freuen uns und wir kennen uns auch gegenseitig.“ Also da ist noch diese Verbundenheit, etwas, was spürbar ist für mich in der Gemeinde und dass sich viele Leute, weil eben diese Verbundenheit da ist, einbringen. 

Gibt es etwas, das Sie in der Gemeinde in Kladow vermissen?  

Vielleicht Folgendes als Denkanstoß: Kladow ist so eine kleine Insel. Man ist unter sich. Und diese Geschlossenheit, die kann natürlich auch verführerisch sein. Also, man muss sich schon auf den Weg machen, wenn man noch woanders hinwill. Es ist sicher der Auftrag der Kirche und des Glaubens heute, wie auch Papst Franziskus sagt, an die Peripherien, an die Grenzen zu gehen. Nicht nur örtlich, sondern auch in das mir Fremde, weniger Vertraute, offen zu bleiben für neue, andere Kulturen. Katholisch sein heißt immer weltweit denken und leben. Das möchte ich schon gern bewusst machen. Das ist vielleicht auch der Impuls, der mir mein Jesuitsein mitgibt. Wir als Jesuiten sind durch die Internationalität im Orden da bereits vorgeprägt.
Ich habe keineswegs den Eindruck, dass man in Mariä Himmelfahrt nicht willkommen wäre. Aber es wird für den Glauben und für die Kirche entscheidend sein, ob wir auf andere zugehen und in dem, was wir über unsere Hoffnung und mit unserer Lebensweise sagen, auch glaubwürdig sind. Dieser Aufgabe sollten wir uns bewusst sein.

 

Dann wünsche ich uns den Mut und die Bereitschaft, sich mit viel Offenheit auf den Weg zu machen. Die neue Pfarrei St. Johannes der Täufer bietet sicher viele Möglichkeiten, Neues zu entdecken.  

Pater Gimbler, ich bedanke mich sehr herzlich für dieses Gespräch.  

Gerhard Bauer